Unser Interview mit einem Sasaeng

Hier ist es, euer langersehnter Artikel mit unserem Sasaeng-Interview! Es gab sehr viele Informationen zu verarbeiten und aufzubereiten, sehr viel Bildmaterial zu durchforsten und daher möchte ich euch auch gar nicht lange mit Randinfos langweilen. Wer nicht weiß, was ein Sasaeng ist, liest hier kurz nach. Im Groben handelt es sich dabei um einen exzessiven Fan, der seine Idole mehr stalkt, als sie zu verehren. Und wie dieser Artikel noch zeigen wird, sind sie nicht selten gefährlich.

Sasaengs sind eng organisiert, versiert in dem, was sie tun und sehen nichts Negatives in dem, was sie den ganzen Tag tun. Und genau deshalb scheint es auch stets so, als würden sie nichts von Gesetzgebungen halten.

Wer sich den klassischen Stalker-Fan koreanischer Idols wie einen Menschen vorstellt, der im Busch lauert und darauf wartet, bis er sein Apartment verlässt, hat weit gefehlt. Denn sie eruieren bis ins letzte Detail, wann sich das Opfer wo aufhält und wissen Dinge über ihn, die derjenige der Öffentlichkeit gar nicht bereitstellen möchte.

Sie sind in der Regel Einzelkämpfer, man könnte sie aber in gewissen Strukturen aufteilen. Ein ehemaliger Sasaeng, deren Namen wir an dieser Stelle nicht bekanntgeben und die wir daher nur als A bezeichnen, hat uns detailiert geschildert, wie diese Strukturen aufgegliedert sind.

Ich selbst nannte es immer „die Hierarchie“, denn es gibt die verliebten Stalker und jene, die das Potenzial erkannt haben, wie man diesen Marionetten das Geld aus der Tasche zieht.

Ein paar weitere Hintergrundinfos zu A:

  • Sie ist Koreanerin und lebt auch in Südkorea.
  • Ihr Alter liegt zwischen 25 und 35 Jahren.
  • Sasaeng war sie fast sechs Jahre lang.
  • Sie stalkte mehrere Idols, in erster Linie männliche.
  • Mit den Informationen, die sie dadurch verkauft hat, verdiente sie angeblich eine Menge Geld. Genaue Summen wollte sie uns nicht nennen, diese liegen jedoch im hohen fünfstelligen Bereich.

Aber ich muss zugeben, dass ich in meinem ersten Jahr als Sasaeng selbst eine dieser Marionetten war.

Du musst nämlich wissen, es gibt einige Sasaengs, die begabte Hacker sind. Es ist nicht schwierig, das zu erlernen, wenn man daran interessiert ist, hat man schnell seine Mittel und Wege.

Und wer nicht hacken kann, der bezahlt eben einen Hacker. Selbst dann lassen sich mit den Informationen noch viele Won verdienen. Aber einige bezahlen die Hacker auch für sich selbst, weil sie den Stars folgen wollen. Es kommt eben immer darauf an, warum man Sasaeng wird.

Unsere Fragen an den ehemaligen Sasaeng sind immer fett und kursiv.

Warum wird man denn zum Sasaeng? Und warum wurdest du es?

Ich weiß nicht, warum es andere werden, aber ich schätze mal, dass es oft ist, weil sie sich wirklich in diejenigen verlieben, die sie stalken.

Ich selbst habe angefangen, weil ich mir dachte, die geben alle so viel Geld für das ganze Merchandise aus, was würden sie wohl bezahlen, wenn man ihnen sagen kann, welche Unterwäsche diese Sänger tragen? Mir ist bewusst, wie das klingt und du kannst mir glauben, diese Gedanken verfolgen mich jede Nacht in meine Träume, weil ich mir nicht bewusst war, was ich damit eigentlich ins Rollen bringe. Und wie tief man in das Leben der Personen eingreift.

Du hast also nur das Geld gesehen, nicht den Menschen?

Ja ich hatte kein Mitleid mit ihnen. Wenn sie schon Idols werden, dann sind sie selbst schuld. Man muss damit rechnen, dass man beobachtet wird, es ist eben so.

A erzählte uns davon, dass ihr ganzer Alltag nur noch daraus bestanden hat, mit verliebten Fans zu schreiben. Sie begann damit, Informationen mithilfe verschiedener eWallets zu verkaufen, später stieg sie auf Kryptowährungen um, da sie Angst hatte, man käme ihr auf die Schliche. Dabei hätte sie nicht einmal mit einer schlimmen Strafe rechnen müssen, denn in Korea gilt, dass Stalker bis zu 100.000 Won (umgerechnet rund 75 Euro) bezahlen müssen, wenn sie angezeigt werden. Es müsste schon eine Körperverletzung oder gezielte Diffamierung damit im Zusammenhang stehen.

Aber A hatte gar nicht so große Angst vor der Gewalt des Gesetzgebers. Was sie fürchtete, war ihr soziales Umfeld.

Niemand wusste, dass ich ein Sasaeng war, ich habe mich gegenüber allen Leuten immer ganz normal verhalten und es keinem verraten. Aber ich weiß, dass eine meiner engsten Freundinnen ständig Informationen von mir gekauft hat. Sie hat es mir auch nie erzählt, dass sie ein Sasaeng ist und ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob sie heute noch einer ist. Wir haben nie darüber geredet und sie weiß bis heute nicht, dass sie diese Informationen von mir gekauft hat.

Sie war also, deiner Ansicht nach, eine der Marionetten?

Ja, genau. Sie ist ziemlich dumm, ehrlich gesagt, denn auch wenn ich heute keine Informationen mehr verkaufe, behalte ich natürlich für immer das Wissen, wie das alles funktioniert. Und es sind nicht nur wir. Es sind Mitarbeiter von Unternehmen selbst, die damit Geld verdienen und Informationen auf dem Schwarzmarkt verkaufen.

Schwarzmarkt. Das meint A mit dem Darknet.

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Mitarbeiter, die bei Fluggesellschaften arbeiten oder auch in Supermärkten und dergleichen verraten Medienunternehmen wie auch Fans nur zu gerne, wo sie die Idols hingehen sehen haben. Oder mit wem. Taxifahrer, die zuvor Idols wo hingefahren haben, sollen A zufolge schonmal Sasaengs Infos gegeben haben, und im Gegenzug dafür von ihnen sexuelle Gefälligkeiten erhalten haben. Sie prostituieren sich also im wahrsten Sinne des Wortes, um ihren Lieblingen nahe zu sein.

Aber wozu eigentlich? Was erhoffen sich diese Sasaengs von den Stars? Hunderte von irren Stalkern können doch kaum der Meinung sein, dass sie alle die Ehefrau oder auch der Ehemann des Idols werden können. Doch hier ist der Knackpunkt. Genau deshalb sind Sasaengs auch solche Einzelkämpfer.

Es gibt kein Gemeinschaftsgefühl, es gibt nur ein jeder gegen jeden.

Sasaengs, die man irgendwo auf Instagram findet, die dort angeblich Informationen leaken und Fotos verbreiten, haben sie selbst bei jemandem gekauft. Niemand, der das macht, ist so dumm und meldet sich mit einem Account an, der durch eine IP Adresse nachverfolgbar ist.

Wurdest du eigentlich erwischt bei dem, was du getan hast?

Nein, nie.

Es gibt sogar Sasaengs, die sich verkleiden, als würden sie zu den Konzertmitarbeitern gehören und die damit durchkommen. Solche Veranstaltungen sind so riesig, dass keiner den anderen kennt.

Was hat dich dazu bewegt, damit aufzuhören?

Ich habe mir immer gesagt, ich lasse nur Idols auffliegen, die andere daten und dabei zu unvorsichtig sind. Weil sie Bilder aus demselben Café auf Instagram hochladen zum Beispiel. Die legen es doch richtig drauf an, dass man herausfindet, dass sie zusammen sind.

Es gibt aber noch ein Paar, das schon lange zusammen ist und ich wollte die erste sein, die es bestätigen kann, wenn etwas Großes passiert. Fans hassen ihn, weil er so egoistisch mit seiner Beziehung ist, ich wollte mir das zunutze machen und mit interessanten Infos zu einer Zeitung gehen. Dann wurde sein Instagram Account gehackt und jemand gab bekannt, dass die beiden sich getrennt haben. Ihre Beziehung ging davon fast auseinander, sie hatte die Schnauze wirklich voll von all seinen Fans. Da erkannte ich, dass ich damit eigentlich auch Leben zerstöre.

Aber du wolltest doch, dass etwas Großes passiert?

Ja damit meine ich aber eine Schwangerschaft oder sowas.

Das wäre viel Geld wert gewesen, vielleicht, ich weiß es aber ehrlich gesagt nicht. Ich glaube nicht, dass Fans viel Interesse an Informationen zu ihm gehabt hätten, wie gesagt, sie hassen ihn ja.

Eine naive Ansicht, muss man ehrlich sagen. Denn dass Fans die Hochzeit von Verwandten von beliebten Idols sprengen oder sie dafür sorgen, dass Dance Practices noch vor dem Release der Musik veröffentlicht werden, zerstört wundervolle Momente und beeinträchtigt Karrieren wie auch Privatleben derjenigen.

A hat uns noch einige Seiten und Archive genannt, die beliebte Anlaufstellen für Sasaengs sind. Wir möchten diese aber an der Stelle nicht nennen, da wir nicht wollen, dass dieser Beitrag zu einer Anleitung für zukünftige Stalker wird. Wir zeigen auch keine Screenshots oder Bilder, da das einfach zu stark in die Privatsphäre der Idols eingreift und das gegen sämtliche Grundsätze verstößt, die wir bei ansoko leben. Es sind jedoch nicht die üblichen Seiten, die man als regulärer Internetnutzer verwendet, aber gleichzeitig befindet man sich hier auch noch nicht im Darknet.

Sasaengs wissen, dass reguläre Fans sie hassen, aber das ist ihnen egal. Sie lachen darüber sogar, denn am Ende sind ja sie es, die den Idols nahe sind, sie treffen und mit ihnen reden können. Und manches Mal, so behaupten sie jedenfalls, schaffen sie es sogar, mit ihnen im Bett zu landen. Ob danach dann der Zauber vorbei ist, bleibt unklar. Tatsache ist, dass sie es auch schaffen, Berufe zu erhalten, die ihnen dabei helfen, ihrem Idol nahe zu sein.

Ein Beispiel dafür ist die Girlband GLAM, die bei Big Hit Entertainment unter Vertrag stand und von 2012 bis 2015 aktiv war. Member Trinity wollte nur in diese Band, um Leeteuk von Super Junior nahe zu sein. Von dem war sie nämlich ein Sasaeng.

Oder Weki Meki, die angeblich einen Manager hatten, der ebenfalls ein Sasaeng war. Er berichtete in einem Forum unter dem Pseudonym SilverStar über seine Erfahrungen mit den Mädchen und wie er es liebte, ihre Hände zu halten. Dies ist jedoch nie bestätigt worden und verbleibt daher ein Gerücht. Fantagio Entertainment veröffentlichte nie ein Statement dazu.

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Sasaengs, die nicht viel Geld haben und nicht hacken können oder dadurch auch keinen Hacker bezahlen können, nutzen Kameras oder folgen ihren Idolen tatsächlich wie ein Schatten. Da aber die meisten Idols in Seoul leben und arbeiten und man in dieser Megametropole ohnehin keine Privatsphäre hat, ist es nicht schwierig, Idols zufällig zu begegnen, wenn man sich wirklich in der Gegend aufhält, die sie jeden Tag passieren müssen, um zur Arbeit zu kommen.

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Ein interessantes Video zu diesem Thema findet ihr außerdem auch hier:

Man fragt sich an dieser Stelle wirklich, warum die Labels ein solches Verhalten seitens der Fans duldet und warum man mehr liest, dass sich die Stars selbst gegen die Sasaengs verteidigen, anstatt dass die Agentur etwas macht. In VLive Videos fordern sie die Stalker auf, sie in Ruhe zu lassen, da sie sonst die Polizei rufen würden, auf Instagram posten sie Beiträge, sie sollen aufhören, bei ihnen anzurufen und ihre Social Media Accounts zu hacken.

A hat auch hierzu eine Meinung, die sie uns mitgeteilt hat.

Meiner Erfahrung nach wissen die Labels ganz genau, was da rund um sie herum passiert. Manche Bands werden ja schon vor ihrem Debüt von Sasaengs gestalkt, weil Ulzzangs in der Gruppe sind. Für das Entertainment ist das gut, denn die Band ist von Anfang an in SNS präsent. Überall tauchen Fotos und Informationen auf, sie müssen weniger Zeit und Geld darin investieren, irgendwelche Videos über sie zu drehen oder sie sonst wie zu promoten.

Nur, um das richtig zu verstehen. Du glaubst, die Agenturen wissen davon und tolerieren das, weil sie einen Vorteil davon haben?

Ja, das glaube ich. In manchen Fällen sind es ja die Manager sogar selbst, die den Sasaengs die Möglichkeit geben, ihre Sachen zu tragen oder mit ihnen zu reden. Die bekommen Geld in ihre private Tasche, aber auch das duldet das Entertainment, weil es einfach sein Geld mit diesen Gruppen verdient.

Ob das tatsächlich so ist, können wir an dieser Stelle nicht bestätigen. Immer mehr Labels folgen dem mutigen Beispiel von Big Hit Entertainment und sprechen sich offen gegen Sasaengs aus. Es werden lange Blacklists veröffentlicht, die zeigen, warum welche exzessiv tätigen Fanclubs von Events gebannt werden und im Hintergrund werden jeden Monat hunderte von Anzeigen wegen Diffamierung und Stalking angefertigt.

Ein Fazit zu diesem Beitrag zu schreiben ist schwer. Es ist mir ehrlich gesagt noch nie so schwer gefallen, ein Thema abzuschließen. Sollte ich noch Informationen in den ohnehin schon sehr langen Artikel einbinden oder die Bürde lieber doch für mich behalten und nicht zu viele Informationen preisgeben, um nicht am Ende wirklich zu viele Leute dazu zu motivieren, in As Fußstapfen zu treten. Es würde einfach viel zu schnell einer Anleitung gleichen.

In der heutigen Zeit ist es durch Bildbearbeitungsprogramme und Apps, mit deren Hilfe man binnen Sekunden Deepfakes erschaffen kann, immens wichtig, einfach nicht alles zu glauben, was man im Internet liest. Bei meinen Recherchen konnte ich anhand den Informationen, die uns A übermittelt hat, schnell feststellen, bei wem es sich wirklich um einen Sasaeng handelt und wer nur vorgibt, einer zu sein, um etwas Aufmerksamkeit zu erhalten.

Fakt ist, und das lässt sich auf keinen Fall abstreiten, sie sind gefährlich. Denn ihr Gemüt schlägt gerne mal ganz schnell im Yandere-Stil um. Ist das Idol nicht für sie, sind sie absolut gegen ihn. Und dann machen sie vor nichts Halt, um seine Karriere zu zerstören, ganz egal, ob es ihn im wahrsten Sinne des Wortes sein Leben kosten würde. Und man muss wirklich durchatmen und sich einige Skandale der letzten Monate durch den Kopf gehen lassen, nur um dann festzustellen, dass wohl nicht wenige davon von genau solch abgewiesenen Sasaengs ins Rollen gebracht wurden.

Gefördert wird dieses Verhalten mit Sicherheit von der in Korea vorherrschenden Fankultur. Und es sind die Labels, die am Zug sind, etwas dagegen zu unternehmen, um ihre Künstler nach Kräften zu schützen.

Was ist eure Meinung zu diesem Thema? Machen euch Sasaengs Angst? Seid ihr wütend auf sie? Oder könnt ihr sie womöglich sogar ein Stück weit verstehen? Teilt diesen Beitrag gerne mit euren Freunden und diskutiert dieses Thema, wir würden uns sehr über regen Austausch freuen! So sehen wir, dass ihr auch in Zukunft an Artikeln interessiert seid, bei denen wir uns ein bisschen tiefer durch die Schattenseiten des KPOP wühlen.


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